Kennt ihr Yu-Gi-Oh Karten? Oder die kleinen Taschenmonster namens Pokémon? Beides erfreut sich weltweiter Beliebtheit und beide Franchisen kommen aus Japan, dem Herkunftsland des größten Comic-Marktes der Welt: dem Manga-Markt. Mangas erobern seit Jahren auch immer mehr Bücherregale in Deutschland. Auch mein jüngerer Sohn ist ein riesiger Fan - mit Naruto habe ihn zum Lesen bekommen, obwohl ihm das damals schwerfiel. Heute stehen mindestens zwölf Reihen in seinem Regal, weitere leiht er in der Bücherei aus. Und als Mittwochsbibliothekarin sehe ich jede Woche, wie beliebt Mangas in der Altersgruppe ab 9 Jahren sind und wie schnell sich das "Virus" ausbreitet, wenn ein Kind in der Klasse damit angefangen hat. Zeit, mal genauer hinzuschauen. Wie gut, dass meine aktuelle Praktikantin Emelin Barg Expertin ist. Sie führt euch im heutigen Gastbeitrag in die Welt der Manga (im Japanischen und im Englischen ist das auch die Plural-Form) ein. 

Was sind Manga eigentlich?

Im Ursprungsland Japan ist dies die allgemeine Bezeichnung für Comics jeglicher Art. Außerhalb der Inselgruppe jedoch prägt der Begriff meist ausschließlich japanische Comics. Aber auch nicht japanische Werke können so bezeichnet werden, wenn sie visuell und erzählerisch an die Vorbilder aus Japan angelehnt sind. Den Beruf hinter dieser Art Comics nennt sich Mangaka. Oft zeichnen diese analog oder digital, alleine oder mit einem Team an Assistenten an den neusten Kapiteln ihrer Werke. Mangas sind manchmal aber auch Adaptionen von Light Novels. Dies sind Roman-Vorlagen, welche entweder vor einem Manga entstanden sind oder kurz darauf.

Einige Mangaka erhalten die Ehre, dass ihr Werk animiert wird. Sie erhalten also eine Anime-Adaption. Auch hier bezeichnet der Begriff Anime außerhalb Japans meist nur Produktionen aus dem japanischen Raum. Auch bekannte Kinderserien wie Heidi oder Biene Maja gehören aufgrund der Kooperation mit japanischen Studios zu dem Begriff Anime. Der Manga-Markt ist der größte Comic-Markt der Welt und hat in verschiedenen Ländern nochmal eigene Interpretationen. In Korea sind dies die Manhwa, oder auch Webtoon genannt, wenn die digital veröffentlicht werden. In China nennt es sich Manhua und in unserem Nachbarland Frankreich sind es zum Beispiel Manfra.  

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Typisch für Mangas – Klischees und Vorurteile

Typische Merkmale für diese Art der Literatur sind neben dem typischen Schwarz/Weiß-Druck und dem markanten Zeichenstil, welcher sich deutlich von den westlichen Comic-Zeichnungen abhebt, die für westliche Leser „falsche Leserichtung“. Die uns bekannte westliche Leserichtung ist nämlich von vorne nach hinten und von links nach rechts. Manga jedoch werden typischerweise von hinten nach vorne und von rechts nach links gelesen. Als würde man also ein Buch von hinten beginnen. Wer hierzulande einen Manga wie ein normales Buch öffnet, dem springt öfters eine HALT oder auch STOPP-Seite entgegen. Hier wird nochmal auf die eigentliche Leserichtung der Manga aufmerksam gemacht.

Lange Zeit hatten Manga ungerechtfertigter Weise einen schlechten Ruf in Deutschland. Und auch die Fans dieser Literatur waren mit unvorteilhaften Vorurteilen behaftet. Zum Beispiel seien Manga nur für Kinder oder Perverse, ihre Fans wären alles introvertierte Nerds und Verrückte, die sich verkleiden. Liebhaber der japanischen Comickultur mussten lange ihr Hobby vor solchen Vorurteilen verteidigen. Dabei sind Manga so vielfältig wie jeder Roman. Aktion, Horror, Romance jeglicher Art, Comedy, Sci-Fi, Supernatural, Slice-of-Life, Fantasy und was es nicht sonst noch alles für Genre gibt werden in Manga aufgegriffen.

Neben dem vielfältigsten Genre werden Manga aber auch je nach Zielgruppen unterteilt. Die bekanntesten und beliebtesten Demografien sind dabei Shounen, Manga für männliche Jugendliche, und Shoujo, Manga für weibliche Jugendliche. Shounen ist daher oft actionreicher, bekannte Vertreter wären dabei Naruto, Dragon Ball, One Piece oder My Hero Academia. Der Bereich Shoujo hingegen ist oft bekannt für ihre Romance Storys, aber auch hier werden starke Mädchen etabliert. Ein Klassiker hierbei wäre Sailor Moon, Maid-sama oder auch Prinzessin Yona – Prinzessin der Morgendämmerung. Ein prägnantes Merkmal der Shoujos sind oft die relativ großen Augen der Charaktere. Dies kann man aber auch nicht zu sehr pauschalisieren, da jeder Zeichenstil der Mangaka anders ausfällt und sich auch über die Jahre verändert.

Es gibt aber noch Unterteilungen für das erwachsene Publikum. So werden unter Josei Geschichten für erwachsene Frauen publiziert – wie zum Beispiel Perfect World und Check me Up! – während der Begriff Seinen für das erwachsene männliche Publikum steht. Dazu gehören Reihen wie Berserk oder Wandance. Auch gibt es noch Unterteilungen für kleine Kinder oder ältere Menschen, diese werden aber eher weniger bedient. Die Demografien sind aber sehr weitläufig, sodass oftmals nicht wirklich von außen einzuschätzen ist, welche Zielgruppe hier primär eigentlich angesprochen werden soll. Daher kann jeder jedes Werk lesen, solange es keine FSK-Einschränkung gibt.

Mangas in Deutschland

In Deutschland existiert der Manga-Markt seit mehr als 30 Jahren und inzwischen gibt es zahlreiche Verlage, die sich mit dem Medium Manga beschäftigen und sie in verschiedenster Aufmachung an die Leserschaft bringt. Manche Werke erscheinen im einfachen Taschenbuchformat, andere erhalten ein Großformat und seit neustem spendieren die Verlage besonders älteren und vergriffenen Reihen oder auch begehrten Titeln eine besondere 2in1-Version. Diese sind demnach dicker als andere Bände. Auch die Preise unterscheiden sich je nach Verlag – aber alle sind darauf bedacht, eine ordentliche Qualität bei der Produktion der Manga an den Tag zu legen.

So gibt es in Hamburg das Label Carlsen Manga – von hier kommen Shounen-Hits wie Naruto, Dragon Ball oder One Piece. Seit 2021 startete Carlsen mit Hayabusa ein weiteres Manga-Label, das sich besonders um Titel kümmert, die ins klassische Programm von Carlsen Manga nicht gepasst hätten. Auch TOKYOPOP und altraverse haben es sich in Hamburg bequem gemacht und bringen für die deutschen Fans verschiedene Titel heraus. TOKYOPOP ist bekannt für Reihen wie Fire Force, Prinzessin Yona – Prinzessin der Morgendämmerung oder Bleach. Altraverse machte sich in den letzten Jahren durch Titel wie Meine Wiedergeburt als Schleim in einer anderen Welt oder Solo Leveling einen großen Namen. Letzteres gehört zum Medium Webtoon, welches immer beliebter wird.

In der Hauptstadt Berlin siedelten sich die Verlage Crunchyroll, ehemals KAZÉ Manga, und das Label Egmont Manga an. Im Manga-Katalog von Crunchyroll sind erfolgreiche Reihen wie Jujutsu Kaisen, Haikyu!! oder auch Spy x Family. Das Label Egmont Manga ist bekannt für ihr Sortiment an Boys-Love-Titel, aber auch für Werke wie Sailor Moon, Chainsaw Man und More than a Doll. Auch in Ludwigsburg gibt es mit Manga Cult ein Label, das Werke wie Demon Slayer – Kimetsu no Yaiba, Mein Schulgeist Hanako und A Man and his Cat veröffentlicht. Vielen bekannt sein wird sicherlich auch das Unternehmen Panini, auch sie publizieren unter dem Label Panini Manga verschiedene Titel aus Japan.

Die Auswahl wächst jedoch immer weiter. So mischt seit diesem Jahr der Kleinverlag dani books mit seinem ersten Manga-Programm mit, wie auch seit 2020 der österreichische Kleinverlag Manga JAM Session. Auch erwarten ab 2023 mit Papertoons und Dokico den Fans zwei Neue Verlage. Während ersteres sich auf das Medium Webtoons konzentriert, hat sich Dokico auf die Publikation von Light Novels spezialisiert. Die Fans der japanischen Comickultur werden also noch viele Jahre was zum Schmökern haben.