In ihrem Kinderbuch „Abenteuer auf der Schwäbischen Alb“* schickt Ira Lenz Lilly und Nikolas in Höhlen, eine Ritterburg und eine Jurte. In den Sommerferien lüften die Geschwister das Geheimnis der Schnupftabakdose. Mit ihrer Familie macht die auf der Alb aufgewachsene Autorin auch im Herbst und Winter Ferien bei den Großeltern. Dabei haben sie ein  verlassenes Dorf entdeckt, von dem euch Ira in diesem Gastbeitrag erzählt.

© Biber & Butzemann

Apfelzauber im Ländle

Bis in den Spätherbst hinein konnte man in diesem Jahr den Kittel – also eine Jacke – getrost im Schrank lassen. Die sonst karge und raue Alb verwandelte sich in diesem heißen Sommer in eine fruchtbare Region mit mediterranem Flair. Feige statt Stachelbeeren? Weintrauben anstelle von Äpfeln? So ganz korrekt ist das natürlich nicht. Denn die Äpfel, die gab es auch in diesem Herbst in Hülle und Fülle. Alte Apfelsorten wie die Gewürzluike säumten die Straßen im Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Wir laufen zu einem verlassenen Dorf auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Münsingen. Der Name des Dorfes klingt fast wie aus einer Geistergeschichte: Gruorn. Vor fast genau 80 Jahren wurde das gesamte Dorf umgesiedelt, weil der Truppenübungsplatz erweitert werden sollte. Heute stehen nur noch das alte Schulgebäude und die Kirche inmitten einer naturbelassenen Landschaft. Unsere Jackentaschen platzen bald vor kleinen rotbackigen Äpfeln, die süß schmecken und einen Duft verströmen, wie man ihn von gekauften Äpfeln nicht kennt. Kein Wunder, dass eine schwäbische Spezialität der Apfelmost ist. 

© Felix Fuchs, Sphäre Bilder

Kuchen und Rohrstock im alten Schulgebäude

Im ehemaligen Schulgebäude stärken wir uns mit selbstgebackenem Kuchen und Apfelschorle. Geht man die Holztreppen hinauf, beginnt eine Reise in eine vergangene Zeit. Hölzerne Schulpulte, lederne Schulranzen und Schiefertafeln erinnern an Schulzeiten ohne Smartboard. Eine große Tintenflasche thront auf dem Lehrerpult, direkt daneben liegt der Rohrstock. Die Kinder fangen an zu spielen: die strenge Lehrerin schickt die freche Schülerin ab in die Ecke. Was bin ich froh über unsere Schulen heute! Eine Ausstellung im Klassenzimmer beantwortet viele Fragen zum ehemaligen Dorf und Schulleben vor fast 100 Jahren. Eins ist gewiss: im bitterkalten Winter hatten nicht alle Kinder einen Extrakittel und einige haben bestimmt fürchterlich gefroren. In der Kirche nebenan wollen die Kinder an dem dicken Seil neben dem Eingang ziehen und die Kirchenglocke läuten.  Obwohl es weit und breit kein Dorf gibt ist uns das doch zu heikel und wir bestaunen lieber die Fresken von 1380. 

© Felix Fuchs, Sphäre Bilder

Auf der Alb ist es immer einen Kittel kälter

Auf dem Rückweg wird es deutlich kälter. Ich erinnere mich an klirrend kalte Winter, in denen einen die körnige Eisschicht länger als gedacht auf dem Schnee trug, bis man schließlich mit den Stiefeln einen Meter einsackte und nasse Socken bekam. Schlittenfahren konnte man eigentlich hinter jedem Haus und zum nächsten Skilift waren es nur ein paar Kilometer. Die Bügel der Schlepplifte kamen in Zeitlupe, die Liftschlange war lang und die Finger eiskalt. Zum Glück gab es heißen Apfelsaft mit Zimt und schnell war einem wieder warm. Beim nächsten Mal hat man dann einfach einen Kittel mehr angezogen. Auch im Herbst und Winter lohnt sich ein Besuch auf der Schwäbischen Alb. Mit Schnee verwandelt sich die Alb dann fast in eine alpine Region.  

© Stanislaw Szczecinski

Mehr tolle Tipps gibt Ira in ihrem Buch

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