Wenn die Tage kürzer werden und die Luft beim Atmen dampft, wenn zarte Schneeflocken aus dem Himmel wirbeln, bis das Land von einem weiß glitzernden Tuch bedeckt ist, dann breiten sich Ruhe und Gemütlichkeit in den Dörfern und Städten der ehemaligen Bergbauregion des Erzgebirges aus. Alte Traditionen erwachen zum Leben, und die gesamte Region erstrahlt im einzigartigen Lichterglanz. Nicht ohne Grund ist die Region als „Weihnachtsland“ bekannt.
Elisabeth Schieferdecker, Autorin unseres beliebten Kinderbuchs „Abenteuer im Erzgebirge – Lilly und Nikolas im Weihnachtsland“, erklärt euch diese Traditionen mal genauer.
„Raachermanneln wecken“ – Der Advent beginnt
In den Familien wird die Weihnachtszeit eine Woche vor dem ersten Advent mit dem traditionellen„Raachermanneln wecken“ eingeläutet. Das bedeutet: Die Familie holt gemeinsam Räuchermännchen, Leuchterfiguren, Nussknacker, Schwibbogen und Pyramiden vom Boden, die Schmuckstücke werden behutsam aus ihren Schachteln genommen, geputzt und im ganzen Haus aufgestellt.
Dabei erwacht die Vorfreude bei Groß und Klein, und die Zeit der Düfte von „Weihrichkarzeln“ und Heimlichkeiten beginnt.
Übrigens: Die Erzgebirger selbst nennen ihre Räuchermännchen liebevoll „Qualmgusche“.
Der Schwibbogen – ein Licht in dunkler Winternacht
In fast jedem Fenster im Erzgebirge steht in der Vorweihnachtszeit ein Lichterbogen. Sie werden traditionell nach dem Totensonntag eingeleuchtet. Auch das hat eine lange Tradition. Früher wurden die Schwibbögen in der dunklen Jahreszeit in die Fenster gestellt, um den Bergleuten, die den ganzen Tag über kein Licht sahen, den Weg nach Hause zu leuchten.
Aufgrund des geringen Verdienstes haben viele Bergmanns-Familien zu Hause nach der Schicht noch Gegenstände oder Spielzeug aus Holz hergestellt, so entstand das Handwerk der erzgebirgischen Volkskunst.
Neben vielen anderen kunstvollen Varianten ist das Motiv des „Schwarzenberger Schwibbogens“, das wohl bekannteste und älteste. Es zeigt die Zunft der Bergleute, der Schnitzer und der Klöpplerinnen, den drei Haupterwerbsquellen aus der alten Zeit. Seine halbrunde Form symbolisiert den Eingang eines Stollens.
Weihnachtsmärkte und das traditionelle Anschieben der Ortspyramiden
Überall in den Städten und Gemeinden beginnt die Weihnachtszeit mit dem offiziellen Anschieben der Pyramiden. Die Weihnachtsmärkte werden damit feierlich eröffnet. Es ist ein großes Fest, das mit Musik und Paraden begangen wird. Das Anschieben der Pyramide in Schwarzenberg, Stollberg oder Freiberg ist mit Sicherheit auch ein Höhepunkt jeder Familienreise in die Region.
Das Spielzeugdorf Seiffen
Die Stadt Seiffen ist mit ca. 140 Kunsthandwerksbetrieben ein Zentrum der Erzgebirgischen Volkskunst und für Familien mit Kindern ein Muss.
Es gibt Leute, die behaupten sogar, dass dort die Werkstatt des Weihnachtsmanns sei, denn schließlich werden da die meisten Nussknacker, Weihnachtspyramiden, Sterne und Holzfiguren hergestellt und dann in die ganze Welt verschickt.
In Seiffen könnt ihr das berühmte Spielzeugmuseum besuchen, den Handwerkern in den Schauwerkstätten bei der Arbeit direkt über die Schulter sehen, selbst mitmachen und vieles, vieles mehr.
Die „Bergkirche Seiffen“ ist ebenfalls einen Abstecher wert. Sie ist eine der berühmtesten Kirchen weltweit und kann bei Führungen, Gottesdiensten und Musikveranstaltungen besichtigt werden.
Bergparaden im Erzgebirge
Die Tradition der Bergparaden reicht bis ins Mittelalter zurück. Seit 2016 sind sie sogar als Immaterielles Kulturerbe von der UNESCO-Kommission in Deutschland anerkannt. Die Bergaufzüge und Bergparaden dienten ursprünglich dazu, dem Landesherrn bzw. seinem Gefolge bei besonderen Anlässen oder dem Besuch hoher Gäste zu huldigen. Heute sind sie der Höhepunkt der erzgebirgischen Weihnachtsmärkte und wunderbar anzusehen.
Die wohl bekannteste Parade findet alljährlich am 4. Advent auf dem berühmten Weihnachtsmarkt in Annaberg-Buchholz statt. Seien Sie dabei, wenn Bergleute und Annaberger in traditionellen Trachten, Musiker und Repräsentanten des Bergbaus aus ganz Sachsen ihre farbenprächtige Parade mit Musik und Fackeln beginnen.
Am Ende treffen sich die Teilnehmer des Festzugs zu einem Bergkonzert vor der St. Annenkirche. Diese großartige weihnachtliche Atmosphäre sollte man sich nicht entgehen lassen, wenn man zur Weihnachtszeit mit Kindern im Erzgebirge ist. Und das können wir euch nur empfehlen! Eine gesegnete und lichtreiche Advents- und Weihnachtszeit und Glück auf!
Kinderbuchtipp zur Weihnachtszeit im Erzgebirge
Was wohl in dem Brief steht, den der hölzerne Nussknacker auf Mamas Geburtstagstisch zwischen seinen Zähnen hält? Lilly und Nikolas sind genauso gespannt wie Mama – und genauso begeistert von der Lösung des Rätsels. Papa hat für die ganze Familie eine Reise geplant. Eine Reise ins Weihnachtswunderland! Kommt doch einfach mit!